Felder. Scheinbar leere Flächen und endlose Weite – Meere ohne Wasser im Sommer. Freier Raum im Winter. Im Wandel der Vegetationsperioden erscheinen die Feldflächen zwischen Städten, Dörfern und Wäldern als Teppiche in weiß, schwarz, braun, zartem Grün, gelb oder goldener Pracht im Hochsommer. Raps, Mais und Getreide prägen, neben unseren Wäldern und Gewässern, das Erscheinungsbild des Bundesland Brandenburgs. Ungeachtet von Erträgen, Rentabilität, Nahrungsmittelproduktion und der damit einhergehenden Bedeutung für uns Menschen, bildet diese Kulturlandschaft einen wichtigen Lebensraum für Tiere und Pflanzen.

Ein Lebensraum im Schatten des Alltags, im Schatten der Großstadt Berlin. Gerade das Land zwischen unserer Hauptstadt und der Oder im Osten ist, aufgrund seiner geschichtlichen Entwicklung, stark von landwirtschaftlichen Flächen geprägt. Vordenker und Begründer der modernen Landwirtschaft, Daniel Albrecht Thaer wirkte hier und verhalf dem preussischen Staat unter König Friedrich Wilhelm III. , durch die akademische Ausbildung von Landwirten, zu neuem Aufschwung im Bereich der Landbauwissenschaft. Im kleinen Örtchen Möglin erinnert noch heute eine Ausstellung an sein Leben und Wirken.

Landwirtschaft hat (nicht nur) in Brandenburg Tradition. Tradition verpflichtet.

Eine weitere Besonderheit im Landkreis Märkisch Oderland (MOL) sind die zwischen den Ortschaften Liebenhof, Hasenholz, Ruhlsdorf, Garzin, Bollersdorf, Grunow und Ernsthof erhaltenen, ausgeprägten Feldheckensysteme, die, einerseits zur Energieholzgewinnung, andererseits zur Einhegung und zum Schutz vor Bodenabtragung durch Wind, im 17./18. Jahrhundert angelegt wurden. Diese, heute Jahrhunderte alten, Heckensysteme bereichern nicht nur den Lebensraum „Feld“, sondern bilden eine nachhaltige Lebensader für zahlreiche Pflanzen und Wildtiere. Hier wachsen, die in einer modernen Kulturlandschaft oft fehlenden, Gehölze wie Weißdorn, Wildapfel und Schlehe (Schwarzdorn).* Inseln der Vielfalt in der, ansonsten monotonen, Weite und in der kalten Jahreszeit ein willkommener und elementarer Rückzugsort für Leben in freier Wildbahn.

alter Feldgehölzstreifen bei Grunow im Winter

Viele dieser Rückzugsorte mussten, im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierungs-maßnahmen in der Deutschen Demokratischen Republik, in den 60iger Jahren, weichen. Konventioneller Ackerbau mit Einsatz von Pestiziden, chemischen Düngemitteln und hochmodernem Gerät hat über Jahre hinweg zu einer ertrags- & profitorientierten Prägung des „Lebensraum Feld“ – mit sehr wenig Rücksicht auf Flora & Fauna – geführt. Heute ist es kein Geheimnis, das zu hoher Nährstoffeintrag unser Grundwasser und unsere Gewässer stark belasten. Dabei geht es nicht darum, Landwirte an den Pranger zu stellen, sondern objektiv Verbesserungspotentiale in der modernen Agrarwirtschaft und in unserem eigenen Verhalten, im Hinblick auf erfolgreichen Umweltschutz, zu suchen und zu erkennen. In unserem Landkreis gibt es viele positive Beispiele für erfolgreiche und umweltbewusste Landbewirtschaftung, die Lebensmittelproduktion und Umweltbewusstsein mit Vorbildcharakter, im Sinne aller Beteiligten, praktizieren. Negative Beispiele leider auch.

Circa 44% der Grundfläche des Landes Brandenburgs sind derzeit als landwirtschaftliche Nutzungsflächen ausgewiesen. Das heißt, fast die Hälfte unseres Bundeslandes ist eine, vom Menschen erschaffene, Kulturlandschaft. 14,2% der rund 5400 im Land gemeldeten Betriebe wirtschaften bereits ökologisch. 136.000 Hektar sind nach EU-Ökoverordnung angemeldet. Das sind 12,9% der gesamten Ökofläche der Bundesrepublik. Vergleichen wir die Ökoflächen mit der gesamten landwirtschaftlichen Nutzungsfläche in Brandenburg, so werden gerade rund 10% der Flächen nicht konventionell bewirtschaftet.

Viel Potential um unseren Lebensraum nachhaltiger und gesünder zu gestalten. Ohne die Unterstützung und ohne „grünes“ Engagement aller politisch beteiligten Gruppen, Fraktionen, Parteien und Verbänden auf landes-, bundes-, & europäischer Ebene, ein scheinbar aussichtsloses Unterfangen. Zu gefestigt scheinen die derzeitigen Strukturen der entsprechenden Lobby.

Düngemittel und Pestizide belasten nicht nur Böden und Grundwasser – unser Trinkwasser. Sie belasten den ganzen natürlichen Kreislauf. Der Feldhamster, Freund vieler Kinder, ist vom Aussterben bedroht, Mäuse werden vergiftet und damit auch die Räuber wie Fuchs, Bussard und Schleiereule, die wiederum für Bestandshygiene im Tierreich verantwortlich sind. Pflanzen reagieren ebenfalls sehr empfindlich. Fehlende oder zu gering bemessene Randstreifen bzw. nicht erreichte Samenreife und die moderne Saatgutreinigung tragen ebenfalls dazu bei, dass Ackerwildkräuter verschwinden und mit ihnen die Nahrungsgrundlage für Bienen. Die, in unserem Kulturkreis als Heilmittel so hoch geschätzte, Kamille ist ebenfalls eine der prominentesten Verlierer*innen. Auch sie lebt hier, auch sie wird verdrängt. Das Gleichgewicht unseres Lebensraumes ist, wie so oft, bedroht.

Echte Kamille

Vielerorts fehlen eben diese Blühstreifen, Rückzugsorte und Wanderkorridore. Selbst selten genutzte Wanderwege fallen hier und da dem Pflug zum Opfer. Die zur Bewirtschaftung verfügbare Fläche wird, nach Möglichkeit, voll ausgenutzt, ausgereizt und von „Wildwuchs“ befreit. Muss das im Sinne einer modernen, umweltbewussten Landwirtschaft sein? Dies hat auch das Brandenburger Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft erkannt und fördert, zur Zeit, „naturbetonte Strukturelemente im Ackerbau“, mit Zuschüssen innerhalb eines fünfjährigen Verpflichtungszeitraumes, um den angesprochenen negativen Tendenzen entgegen zu wirken.

Eine sehr erfreuliche Entwicklung. Auch der Naturschutzbund, mit seiner Stiftung „Nationales Naturerbe“, engagiert sich für eine artenreiche und ausgewogene Kulturlandschaft. So bietet der NABU mit seinem Angebot „fairpachten“ eine kostenlose Beratung, für Alle, die landwirtschaftliche Flächen verpachten und sich mehr Rücksicht auf Flora und Fauna wünschen. Einen entsprechenden Link finden Sie am Ende des Beitrages.

Vor allem Vögel sind durch intensive Bewirtschaftung der Felder gefährdet. So sind zum Beispiel die Bestände der Großtrappe, einem der schwersten flugfähigen Vögel der Welt, (ehemals heimisch) im Oderbruch, seit ca. 10 Jahren verschwunden. Diese und viele weitere so genannte Bodenbrüter, leben, fressen und brüten auf den Acker- & Brachflächen der Agrarlandschaften und sind auf die dort zur Verfügung stehenden Nahrungsgrundlagen angewiesen. Besonders Brachflächen und, die bereits angesprochenen, Blühstreifen sowie Feldhecken, sind lebenswichtig für diese Arten. Ein „Ausbau“ derer wäre sehr wünschenswert. Auch hier erhalten Landwirte für Brachflächen Ausgleichszahlungen als Anreiz diese Grundlagen zu erhalten. Trotzdem, auch hier ist der Einsatz von Pflanzenschutz- & Insektenschutzmitteln, wie zum Beispiel Glyphosat, der Sargnagel für die Artenvielfalt. Schätzungen zu Folge haben sich die Bestände der Feldvögel und der entsprechenden Insekten, in den letzten 50 Jahren, halbiert.

Wo sind Feldlärche, Rebhuhn und Fasan geblieben? Egal ob Nestflüchter oder Nesthocker, fehlen durch unsachgemäßen menschlichen Eingriff, Insekten und Sämereien als Futter für den Nachwuchs, bleibt der Nachwuchs auf der Strecke und somit gehören Feldvögel zu den am stärksten gefährdeten Tiergruppen.

Ein Appell an die Vernunft, der konventionell wirtschaftenden Landwirte, an die beteiligte Politik und an Gift spritzende Kleingärtner ist längst überfällig. Die Qualität eines, unter diesen Bedingungen hergestellten, Nahrungsmittels, kann, darf und muss in Folge dessen, durchaus in Frage gestellt werden. Es ist Zeit zum Umdenken und Neudenken! Wir Alle sind verantwortlich! Es gibt nur diese, eine Erde! Wir als Verbraucher sind gefordert und sollten unsere Verantwortung be- und überdenken! Diese Verantwortung beginnt im Supermarkt, beginnt bei unserem jeweiligen privaten Einkaufs- bzw. Konsumverhalten. Versuchen Sie sich bitte die folgenden Fragen selbst zu beantworten.

Kaufe ich konventionell hergestellte Lebensmittel? Möchte ich Lebensmittel mit künstlichen Aromastoffen, Geschmacksverstärkern, Sabilisatoren und Farbstoffen essen? Möchte ich Lebensmittel, die auf Kosten meines Lebensraumes hergestellt werden, essen? Möchte ich durch den Kauf konventionell hergestellter Nahrungsmittel den Einsatz von unnatürlichen Düngemitteln und Pestiziden unterstützen? Zahle ich Dumpingpreise? Möchte ich so sinkende Löhne unterstützen? Bin ich auch bereit mehr Geld für meine Ernährung zu investieren?

Warum kommen unsere Kartoffeln aus Spanien und Ägypten? Warum kommen die Möhren und Tomaten aus den Niederlanden? Wieso kommt Butter aus Dänemark? Wieso kommen die Äpfel aus Peru? Warum kann ich den Mais, der hier überall auf den Feldern wächst, nicht kaufen? Muss Agrarwirtschaft Energielieferant anstatt Nahrungsmittelproduzent sein? Geht das nicht auch anders?

Grundlegende und richtungsweisende Fragen. Angebot steuert die Nachfrage! Wären über 80 Millionen Bundesbürger auf einen Schlag bereit, nur noch nachhaltig, regional hergestellte Produkte zu kaufen, dann würde sich der Markt innerhalb kürzester Zeit neu sortieren und unter gewaltigen Auswirkungen neu regulieren. Das hierbei ganze Existenzen auf dem Spiel stehen können, ist klar. Jeder/Jede ist daher aufgefordert, mit dem eigenen Verhalten in unsere gemeinsame Zukunft zu investieren. Wir als Kollektiv haben es in der Hand. Wir, als die Bürger/Bürgerinnen Mitteleuropas haben die einmalige Chance, nachhaltige, lebenswichtige Veränderungen mit Vorbildcharakter zu vollbringen!

„Tötet nicht die Bäume, macht nicht das Wasser unserer Flüsse trübe.
Reißt nicht das Eingeweide unserer Erde auf. Sonst werden die Flüsse und Bäume weinen. Wenn ihr das nicht befolgt, wird es schlimme Konsequenzen für euch haben.
Eines Tages wird die Erde weinen, sie wird um ihr Leben flehen, sie wird viele Tränen weinen. Ihr werdet die Wahl haben, ihr zu helfen oder sie sterben zu lassen, und wenn sie stirbt, sterbt ihr auch.“

Keokuk, Häuptling der Sauk

Zurück zur Märkischen Schweiz und Ihren Feldern.

Alles in allem, können hier viele positive und einige negative Beispiele, innerhalb eines kleinen Spaziergangs durch Feld und Flur, beobachtet werden. Dabei geht es eben nicht um Schuldzuweisungen, sondern vielmehr um Vermittlung von bewusstem Verstehen und Er-leben, dieses Teils unserer Natur. Unser Lebensraum besteht nicht mehr aus Urwald, weißen Meeresstränden, schönen Inseln und prächtigen Wiesen. Er besteht zu großen Teilen aus den, mehr oder weniger urbanen Orten, die für uns Alle selbstverständlich und gewöhnlich geworden sind und darin liegt die Gefahr für mangelnde Wertschätzung, mangelnden Respekt und letztlich auch für Desinteresse. Das wiederum führt zu schleichendem Verfall und Zerstörung. Lebensräume und Lebensgrundlagen verschwinden meist nicht über Nacht, sondern langsam und beständig. Wir dürfen nicht warten bis es zu spät ist. Wir dürfen nicht weg schauen.

Deswegen möchte ich Sie, bei all den bedenklichen Details am Wegesrand, einladen. Nehmen Sie sich die Zeit und spazieren Sie durch die Felder hinter dem Berliner Stadtrand. Hier wartet Farbenpracht und Vielfalt! Hier warten Entspannung, Ruhe und immer noch ein Stück „heile Welt“. Gehen Sie langsam und schauen sie sich um, hier wachsen unsere Nahrungsmittel. Feldhase und Greifvögel sind relativ häufig. Märkische Fasane eher nicht. Falter, Schmetterlinge, Erdwespen und, in Wassernähe, Libellen sind allgegenwärtig und begrüßen Sie, nicht nur im Logo des Naturparks „Märkische Schweiz“. Als Zugabe warten Rehe und, mit etwas Glück, die ein oder andere tierische Überraschung. Vieles möglich.

Unsere Natur wartet auf unseren Besuch und sie wünscht sich mehr Beachtung, mehr Liebe, denn Sie benötigt unsere Unterstützung! Öffnen WIR unser Bewusstsein für Ihre elementare Bedeutung und kultivieren eine entsprechende Wertschätzung für unseren Lebensraum, haben wir schon den ersten und wichtigsten Schritt, zur Erhaltung und zum Schutz, getan! Ändern wir unseren (Nahrungsmittel) Konsum nachhaltig, werden wir, vielleicht sehr schnell, die positiven Veränderungen bemerken und verankern können.

Wie man den Acker bestellt, so trägt er.

Sprichwort

Link zum NABU – Angebot „fairpachten“ der Stiftung „Nationales Naturerbe“

Quellen:

– Zahlen: Wikipedia; Landwirtschaft Bundesland Brandenburg
– Land Brandenburg, Ministerium für Ländliche entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft
*: Anton Beil, 1842,“Feldholzzucht in Belgien, England und dem nördlichen Frankreich“
– NABU Stiftung „nationales Naturerbe“ – www.fairpachten.org
– Texte und Bilder: © Alexander Kirchner