Der Lachs. Salmo salar. König der Fische. Das Sinnbild für wilde und saubere Flüsse, für Freiheit, Zielstrebigkeit und pure Kraft. Nahrungsgrundlage für riesige Ökosysteme, Nahrungsgrundlage für den Mensch. Eines der beliebtesten Lebensmittel in deutschen Küchen, gesunder Trendfood und Hoffnungsträger der Fischereiwirtschaft. Anlässlich der Wahl zum deutschen „Fisch des Jahres 1992, 2000 & 2019“, ist es Zeit, das Schicksal des atlantischen Lachs bzw. dessen Bestand in deutschen Flüssen und deutschen Tiefkühltruhen, etwas genauer zu beleuchten. Um einen möglichst guten Überblick über dieses Thema, einen sensibelen Umgang mit unserer Natur und damit eine saubere Küche zu erhalten, wird auch das Schicksal der pazifischen Lachse in diese Aufklärung einfließen, denn auch Sie landen in unseren Supermärkten und damit auf unseren Tellern.

Lachs ist ein bedeutendes Wirtschaftsgut. Der Nutzungsstatus der Wildbestände, des atlantischen Lachs, wird derzeit durch die globale Fischereiwirtschaft mit „hochkommerziell“ eingestuft, die Nutzung innerhalb von Aquakulturen mit „kommerziell“. Bevor wir näher auf die Auswirkungen, Folgen und Probleme dieser Nutzung eingehen, betrachten wir zuerst die Lebensweise, das Verbreitungsgebiet und die sich dadurch ergebenden Voraussetzungen für einen objektiveren Blickwinkel.

männlicher atlantischer Lachs im Laichkleid [1]

Lachse leben, größten Teils, in den gemäßigten und arktischen Zonen des Atlantischen Ozeans und seinen Randmeeren, der nördlichen Hemisphäre und sind gleichzeitig mit Binnenpopulationen in Russland, Finnland, Schweden, Norwegen und Nordamerika vertreten. Schauen wir nach Europa, so finden wir Ihn von den nördlichen polaren Regionen, über die Küsten der baltischen Staaten bis hinunter nach Portugal. Deutschland befindet sich also direkt im Zentrum seines Verbreitungsgebietes.

Verbreitungsgebiet des atlantischen Lachs [2]

Er lebt die größte Zeit seines Lebens in kleinen bis hin zu großen Flüssen und Flusssystemen, mit mäßiger bis starker Strömung, kiesigem bzw. steinigem Untergrund und bevorzugt sauerstoffreiches, kälteres Wasser (4°C – 12°C). Die Jungtiere leben ein bis sechs Jahre im Süßwasser, bevor sie in küstennahe Gewässer oder den offenen Ozean wandern, in dem sie sich weitere ein bis vier Jahre aufhalten, um dann zielsicher, zum Laichen, wieder in den Oberlauf, ihres Heimatflusses zu wandern. Lachse können bis zu 10 Jahren alt werden, der Schnitt liegt jedoch bei 4 bis 6 Jahren. Um Größen bis maximal 150cm zu erreichen fressen die erwachsenen Tiere, Tintenfische, Shrimps und Fische, wie Sprotte oder Hering. Jungfische ernähren sich hauptsächlich von aquatischen Insekten, Weichtieren, Krebstieren und Kleinfisch.

Die Quellenangaben über die letzten wilden Lachse aus den größten deutschen Gewässersystemen, Rhein und Elbe, variieren sehr stark. Es ist, laut Datenlage, davon auszugehen, dass die Bestände, schleichend, zwischen 1900 & 1950 verschwanden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Durch Querverbauungen (Stauwehre) wurde die Laichwanderung, respektive die Fortpflanzung der Fische unmöglich gemacht und die sich, durch Industrieabwässer, stark verschlechternde Wasserqualität wirkte zusätzlich als chemische Barriere. Hinzu kommen Überfischung und die – „lineare Regulierung“ – die Begradigung der Flüsse. Trauriger „Nebeneffekt“: nicht nur die Lachsbestände, sondern auch Stör, Schnäpel, Finte, Maifisch, Flussneunauge, Meerneunauge und Meerforelle verschwanden so aus unseren Flüssen.

Heute gibt es Lachse und Meerforellen, aufgrund der unermüdlichen und aufopferungsvollen Arbeit, vieler ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer, wieder in deutschen Flüssen. Alle anderen aufgezählten Arten werden in unseren Flüssen, teilweise, weiterhin vermisst. Wiederansiedelungsprogramme für Lachs und Meerforelle existieren seit Anfang der 80iger Jahre im alten Bundesgebiet – Lachs2000 im Rhein – und seit der politischen Wende, in den neuen Bundesländern. Mit beachtlichem Erfolg. So sind der Lachsbach (Bad Schandau) und die Stepenitz (Wittenberge) zwei viel versprechende Projekte in Sachsen und Brandenburg, im Einzugsgebiet der Elbe. Die Sieg in Nordrhein-Westfalen sowie Aller und Oker in Niedersachsen sind die prominentesten Flüsse auf altem Bundesgebiet, die heute wieder vom Lachs bewohnt werden. Das sich der Lachs mittlerweile wieder in deutschen Flüssen selbst reproduziert und viel für Ihn getan wird ist eine sehr gute Nachricht. Am Ende dieses Artikels finden Sie einige weiterführende, lesenswerte Links zu diesem Thema. Das Wanderfischprojekte am Rand des gesellschaftlichen Bewusstseins stehen, dass der Bestand bei Weitem noch nicht groß und kräftig genug ist, so dass menschlicher Schutz und unterstützendes Eingreifen überflüssig wäre, Stand der Dinge. Deutscher Wildlachs für die Küche bleibt als vorerst nur wenigen Fischern und glücklichen Anglern vorbehalten, denen der Fang eines so seltenen Tieres gelingt. Fraglich bleibt, ob die Entnahme eines gesunden deutschen Wildlachses ,unter diesen Bedingungen, überhaupt gerechtfertigt wäre.

Schauen wir auf die „Rote Liste“, der vom Aussterben bedrohten Tierarten, so finden wir den atlantischen Lachs mit der, seit August 1996 gültigen, offiziellen Einstufung „least concern“ – nicht gefährdet (wortwörtlich: am wenigsten Sorge). Dem Lachs, scheint es, in seinem restlichen Verbreitungsgebiet, also sehr viel versprechend zu ergehen. Ist das wirklich so?

2012 wurden ~80 Millionen Tonnen Fisch weltweit gefangen*. Laut fishforward.eu werden heute 29% der weltweiten Fischbestände überfischt. In den EU-Gewässern des Nordostatlantiks werden derzeit 30 von 62 Beständen zu intensiv befischt, weiteres Steigerungspotential fehlanzeige. Die Lachsbestände hingegen scheinen, schenken wir dieser Einstufung Glauben, in den letzten 20 Jahren, vorbildlich geschützt und kaum befischt worden zu sein. Für das Bundesgebiet ist der Lachs aktuell unter dem Anhang II der FFH-Richtlinie aufgelistet. Das bedeutet: „Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen.“[I]

Ist seine Situation nur in Deutschland so kritisch zu bewerten?

Bei unseren europäischen Nachbarn und in den nordpazifischen Regionen, ist die Situation der Lachsbestände genauso wenig als „sorgenfrei“ einzustufen. Hier liegen die Probleme anders verteilt. Aber auch hier haben Stauanlagen, Gewässerverunreinigung und schonungslose Überfischung den Lachsen arg zugesetzt. Weitere Probleme kommen dazu. Glücklicherweise sind die Bestände in Skandinavien, auf den britischen Inseln und Island zur Zeit noch existent, so dass eben auch von hier die Brütlinge (zumeist Schweden, wenn nicht selbst erbrütet) für deutsche Wanderfischprogramme stammen. Gerade in Skandinavien, Island und Grönland hat das Thema Lachs einen großen gesellschaftlichen Stellenwert. Dort bedeutet „Lachs“ Lebensgrundlage!

Das vor Allem in Norwegen ein ganz anderes Problem massiven Schaden angerichtet hat, ganze Flüsse und mit ihnen ganze Lachsstämme verloren gingen, werden wir gleich noch betrachen. Von vergiftetem Meerwasser und bedrohten Regenwäldern in Brasilien ganz zu schweigen. Unter diesen Umständen unsere Küche sauber zu halten erscheint immer schwieriger. Fließender Übergang Richtung moderner Aquakultur und Ihrer Folgen…

„Bio – Lachsfilet“, Collage – mixed media auf Leinwand, 40x30cm

Trotz der offensichtlich traurigen und Besorgnis erregenden Situation dieser Tierart, ist dieser Fisch in nahezu jeder Supermarktkühltruhe oder gehobenen Fischtheke, am Stück oder in Form von Filets zu finden – und das weltweit. Eine norwegische Fischereiunternehmung wirbt mit 14 Millionen Lachs-Mahlzeiten täglich! Ohne modernes Fishfarming, ohne Fischmast höchstwahrscheinlich nicht möglich. Wir haben nun die Qual der Wahl zwischen echtem Wildlachs und Lachs aus Aquakultur, dass alles mit oder ohne Gütesiegel. Betrachten wir zuerst die Filets aus vorrangig norwegischen Netzgehegen, bevor wir die Herkunft des Wildlachses hinterfragen. Der, mit höchster Wahrscheinlichkeit aus dem nördlichen Pazifik zu uns kommt und wo dessen Bejagung ähnlich problematische Auswirkungen hat. Alle folgenden Details sind der Öffentlichkeit seit längerem bekannt und nicht neu.

„Von bester Herkunft: Unser BIO-Lachs stammt aus kleinen Betrieben in Norwegen. Im rauen norwegischen Klima werden mit großer Hingabe Lachse in ökologischen Aquakulturen gezüchtet. Wie ihre wilden Artgenossen schlüpfen auch die BIO-Lachse im Süßwasser und verbringen dort ihre ersten 16 Monate. Danach ziehen sie schonend ins Salzwasser um: Im kühlen und milden Meerwasser der Fjorde Norwegens dürfen die Lachse ein weiteres Jahr verbringen. Dort schwimmen sie gegen die starke Strömung des Atlantiks, was zu einer hervorragenden Fleischstruktur führt. Die BIO-Lachse werden während der gesamten Zucht ausschließlich mit Nahrung aus ökologischer Erzeugung gefüttert.“[II]

norwegische Aquakultur aus einer Werbekampagne [3]

So wirbt eine große deutsche Fischereiunternehmung für Ihren Bio-Lachs aus Aquakultur in Norwegen. Die Aquakultur, in unserem Fall die Fischmast gewinnt aufgrund der Überfischung der Meere immer weiter an Bedeutung. Weitere Zuchtobjekte: Algen, Muscheln und Krebse, wobei zwischen Mast für die Lebensmittelindustrie, Anbau für Futtermittel,- chemische-, und pharmazeutische Industrie (Algen und Pflanzen) sowie Aufzucht zur Arterhaltung unterschieden wird. Wie in der modernen Wirtschaft üblich, möglichst wenig „Input“, dafür viel „Output“.

Norwegischer Lachs ist industrieller Hoffnungsträger, nicht nur in Deutschland. Heute stammen 93 % aller verkauften Atlantiklachse aus der Fischzucht, dagegen nur 7 % aus dem offenen Meer. Die norwegische Regierung will, um nicht länger nur vom Erdölexport abhängig zu sein, die Lachs – Produktion bis 2050 verfünffachen. Doch so wild – romantisch wie das Erzeugerland selbst und die Darstellung in der modernen Produktwerbung, ist die Massenproduktion bei weitem nicht. Rund 50.000 bis 100.000 Tiere können in einem einzelnen Netzkäfig gehalten werden. Kaum Platz und wenig Strömung. Denn, gerade stärkere Meeresströmungen im Zusammenwirken mit schwerem Wetter können den Verlust des Großteils des gehälterten Fischbestandes bewirken und das ist in der Vergangenheit geschehen! Das ist einer der Gründe für massive Umweltschäden in und an norwegischen Gewässern. Entkommene Farmfische vermischen sich mit wilden Lachspopulationen und verfälschen so das gesunde Erbgut. Die gesundheitlichen Probleme der Zuchtfische erreichen so die Wildbestände.

„Die mit dieser Form von Intensivhaltung einhergehenden hohen Besatzdichten und stressgeschwächten Immunsysteme machen die Fische anfällig für verschiedene Arten von Krankheiten, darunter Flossenverletzungen durch ständiges Reiben an Artgenossen, Katarakt sowie Parasitenbefall.“[III] Lassen wir die entstehenden Abfälle, die allmälige Erblindung und die typisch abgewetzten Flossen und aufgeriebenen Mäuler, die für jeden Fisch als zuchttypisches Merkmal gelten können, einmal außen vor. Mit Parasitenbefall ist im allgemeinen die tödliche Lachslaus, ein Parasit namens Gyrodactilus salaris, gemeint, der die Fische an fast jedem erdenklichen Körperteil, zumeist aber Kiemen und After, befällt und die Schleimhäute der Wirte abweidet. Die Fische werden bei lebendigem Laib zerfressen. Das Ende vom Lied: ein toter Lachs.

Großaufnahme des Lachsparasit Gyrodactilus salaris [4]

Gyrodactilus salaris ist ein Ektoparasit, der auf der Körperoberfläche eines Wirtes lebt und zur Gattung der Kiemenwürmer gehört. Er wird circa einen halben Millimeter lang und gebärt lebende Junge, die fast so groß sind wie er selbst. Durch seinen Fressapparat sondert er, ein Fischhaut auflösendes, Enzym ab und ernährt sich so von Schleim und gelöster Haut. Das Immunsystem des Wirtes wird geschwächt und ist damit anfälliger für Folgeinfektionen durch weitere Erreger bzw. zusätzliche Erkrankungen. Gyrodactilus salaris befällt außerdem Regen-bogenforelle, See- & Bachsaibling, europäische Äsche und Bachforelle.

Sind von der Lachslaus befallene Farmfische entkommen, ist das Kind sprichwörtlich in den Brunnen gefallen. Traurige Realität: Der Parasitenbefall wilder Lachsbestände ist leider seit den 70iger Jahren Geschichte, ganze Lachspopulationen sind Geschichte, das aquatische Leben in diesen Flüssen ist Geschichte. Bis 2001 wurden die wilden Lachsbestände von 41 norwegischen Flüssen, durch den Anfangs ziemlich wahllosen, Einsatz des Schädlingsbekämpfungsmittels Rotenon als Gegenmaßnahme, vernichtet. Bereits erwähnter Nachteil des Rotenon – Einsatzes: nicht nur der Schädling stirbt, sondern mit Ihm Alles Andere auch.

Von Außen schön anzusehen, innerlich tot – infizierter und behandelter Oberlauf eines norwegischen Lachsflusses

Mittlerweile werden in Norwegen vielversprechende Ergebnisse mit der Dosierung von wässrigem Aluminium und Schwefelsäure erzielt. Zwei weitere chemische Verbindungen, die allenfalls in Labore gehören, nicht aber in unseren Wasserkreislauf. Folgen und Auswirkungen: momentan unter Beobachtung.

infizierte (rot) und behandelte (blau) Lachsflüsse in Norwegen [5]
Karte der infizierten und gesunden Lachsflüsse in der Region Trondheim vom Ufer des oben gezeigten Flusslaufs

Die Folgen des Parasitenbefalls und der Bekämpfung sind für die Wildfische und deren Heimatflüsse katastrophal. Damit nicht genug, die aktuellen Probleme der Fischzucht sind noch umfassender, denn der Parasitenbefall ist ein real existierendes Problem in vielen Mastanlagen der norwegischen Fjorde. Der Einsatz von Putzerfischen (z.B. Seehase) um die Läuse zu vertilgen, ist relativ schwierig, denn die Lachse werden oft, um die tierischen Reinigungskräfte nicht zu fressen, überproportional gefüttert. Putzerfische können den Befall ohnehin nicht komplett beseitigen, das Parasitenproblem zu lösen vermag aktuell nur der Einsatz von Chemie.

Wie in der modernen konventionellen Massentierhaltung an Land werden schädliche Pestizide eingesetzt. Gifte sind tödlich, nicht nur für Läuse. Dabei sind die Methoden unterschiedlich und gängige Praxis. Die Fische werden entweder vom Meerwasser isoliert, in einer Lauge gebadet, mit Pestiziden gefüttert oder gleich im Käfig – direkt im Meerwasser – mit Giftlösungen behandelt. In allen Fällen sind zur Zeit die Auswirkungen des Schadstoffeintrags nicht hinreichend untersucht. Die Auswirkungen sind in Norwegen öffentlich bekannt und Teil einer großen Diskussion. Fischer klagen über zurückgehende Garnelenfänge, die werden hin und wieder als tote stinkende Masse an die Strände gespült. Dorsche meiden mittlerweile die betroffenen Fjorde. Regierung, Aufsichtsbehörden, Lachsfarmer, Fischer und Wissenschaftler bemühen sich um eine Lösung, in der es zur Zeit nur unser Ökosystem Meer als großen Verlierer gibt.

Das schwierigste Problem der chemischen Parasitenbekämpfung ist die Tatsache, dass der Parasit offensichtlich wunderbar anpassungsfähig an alle verwendeten Pestizide ist und so zur Zeit eine verbotene „Off-Label“ Nutzung der eingesetzten Mittel gang und gäbe ist. Das heißt, die Mittel werden, um überhaupt wirkungsvoll zu sein, verbotener Weise, miteinander gemischt. Das diese Giftcocktails, unter Umständen, in mehreren Kilometern Umkreis um den Einsatzort verheerende Schäden anrichten können ist belegt, wird aber billigend in Kauf genommen um die Nachfrage nach Lachsfilets zu befriedigen. Betrachten wir das Volumen des zum Verzehr exportierten Lachsfleisches, hätte ein Verbot dieser Behandlungsmethoden, durch die zuständigen Behörden, den Zusammenbruch der norwegischen Lachszucht zu folge gehabt. Da dies nicht im Interesse der norwegischen Regierung und der entsprechenden Industrie ist, passiert zur Zeit nicht viel, außer das der aktuelle Status Quo weiterhin bestand hat, der Streit zwischen allen Beteiligten in eine neue Runde geht, die Lachsfarmer weiterhin Cocktails mischen müssen um Ihre „Produktionsmittel“ zu schützen und teilweise misskreditierte, umweltschützende Wissenschaftler nicht wissen, wo sie mit Ihren Untersuchungen überhaupt anfangen sollen. Selbst die schwedische Regierung warnt seit längerer Zeit offiziell vor dem Verzehr von Hering und Lachs. Zu stark belastet und möglicherweise gesundheitsschädlich.

geschädigter Farmlachs [6]

Umweltschützer Kurt Oddekalv, der 1993 die Organisation Green Warriors of Norway gegründet hat, sagt: “Dieser Lachs ist eigentlich nicht für den Verzehr geeignet. So wie ich das sehe, ist norwegischer Zuchtlachs das giftigste Lebensmittel auf der ganzen Welt.” Wenn die Mitarbeiter Chemikalien gegen Seuchen und Viruserkrankungen versprühen, müssen sie Schutzanzüge und Atemmasken tragen. Um Beweise gegen die Lachszüchter zu sammeln, verwendet er einen ferngesteuerten Unterwasserroboter. Dieser zeigt eine 15 Meter dicke Schicht aus Ablagerungen auf dem Grund unter den Netzen mit den Fischen. Eine Mischung aus Futterresten, Exkrementen und Chemikalien, die die darüber eingepferchten Lachse belasten. “Der Grund des Fjords ist völlig zerstört. Die Mittel, die hier eingesetzt werden, hat man im Zweiten Weltkrieg dazu verwendet, um Menschen zu töten.” sagt Kurt Oddekalv. [IV]

Auch die erlassenen Öko – Richtlinien für die verwendeten Futtermittel sind nur auf den ersten Blick wohlklingend und vielversprechend. Im Detail ist festzustellen, dass auch hier einige Probleme zu lösen sind um die Fische wirklich nachhaltig zu ernähren. Da Lachse Raubfische sind, benötigen sie bestimmte Proteine, deren Bedarf, klassisch durch die Verwendung von Fischmehl gedeckt wurde. Für die Herstellung von Fischmehl kann auf die Reste aus der Herstellung von Speisefisch zurück gegriffen werden. Das heißt, hier sollten eigentlich nur Reste aus überwachten und MSC – zertifizierten Fischfängen verarbeitet werden, um die Überfischung der Weltmeere nicht noch zusätzlich anzukurbeln. Ist das in der Praxis wirklich so?

Da wir bei wachsender globaler Bevölkerung, seit Jahren stagnierendem Weltfischfang (ca. ~80 bis 90 Mio. Tonnen jährlich) und der allgegenwärtigen Überfischung fast aller speisefisch – tauglicher Bestände, davon ausgehen können, dass der Rohstoff Fisch und damit das Futtermittel Fischmehl in Zukunft nicht mehr im derzeitigen Umfang zur Verfügung steht, wird heute in der modernen Fischfutterherstellung auf pflanzliche Proteine zurück gegriffen. Die in einem ausgewogenen Öko – Fischfutter enthaltenen Proteine, sollen nicht nur den Proteinbedarf der Fische decken, sondern auch noch nachhaltig produziert werden.

Aktuell werden die pflanzlichen Proteine aus brasilianischen Sojabohnen gewonnen, die als Proteinkonzentrat in Pulverform nach Norwegen importiert werden. Um ein Kilo Lachs zu produzieren werden 0,55kg Sojabohnen benötigt. Bei einer geplanten Verfünffachung der Lachsproduktion in den nächsten 30 Jahren, wird der Bedarf an Sojabohnen für die Fischfutterproduktion ebenfalls massiv ansteigen. Der norwegische Regenwald – Fonds kritisiert derzeit bereits den hohen Verbrauch an Sojabohnen für Fischfutter und warnt gleichzeitig vor weiterer Abholzung des brasilianischen Regenwaldes, für neue Plantagen, vor Vertreibung von Ureinwohnern und vor Einsatz von Pestiziden! Um die brasilianischen Resourcen zu schonen und nachhaltig zu nutzen, haben einige norwegische Futtermittel-hersteller 2015 ein Zertifikat unterschrieben, welches die Nutzung von umweltverträglichem Soja garantiert, dessen unbedenkliche Herstellung wiederum durch zwei nachhaltig produzierende Gesellschaften gewährleistet wird. Der Regenwald – Fonds bemängelt, in diesem Zusammenhang, bei einer der beiden Gesellschaften fehlende Transparenz, fehlende Kontrollroutinen und zu großzügige Richtlinien für den Gebrauch von Petiziden, da in einigen Fällen Mittel genutzt werden dürfen, die in Europa und den USA verboten sind.

Seit 2006 sind vom norwegischen Staat mehrere Millionen Kronen zum Regenwaldschutz gezahlt worden. Nun wird der selbe Regenwald, durch die steigende Nachfrage nach Soja-bohnen der landeseigenen Lachsproduktion, wieder bedroht.

Neue alternative Futterquellen sind nötig um eine derartige Industriemaschinerie am laufen zu halten. Vorschläge wie Tang, Holzspäne und Insektenmehl gibt es bereits und werden unter-sucht. Es bleibt zu hoffen das die zukünftige Rohstoffgewinnung – zumindest in der Futtermittelproduktion – wirklich nachhaltig ist, denn bei genauem Betrachten der Alternativen könnte nur eine Verlagerung der Probleme die Folge sein und keine wirkliche Verbesserung eintreten.

Das sind alles keine neuen Erkenntnisse. Die aufgezeigten Probleme existieren leider schon viel zu lange. Die Missstände rund um die Produktion, deren Folgen und den möglicherweise gesundheitsgefährdenden Verzehr von Zuchtlachs wurden und werden immer wieder in der Öffentlichkeit thematisiert, geändert hat sich nicht viel. Entweder ist der großen Mehrheit der VerbraucherInnen das Schicksal und die Bedeutung der Lachse nicht bewusst oder es ist egal, weil es sie nicht direkt betrifft. Vielleicht ist es zu umständlich Gewohnheiten zu ändern? Bitte erinnern Sie sich an diese Geschichte, wenn Sie das nächste Mal im Supermarkt oder bei Ihrem örtlichen Fischer nach einem Lachsfilet Ausschau halten.

Einblick ins Becken [7]

Zum Glück gibt es pazifischen Wildlachs!

Wie auch bei unserem Bio-Lachs aus Aquakultur, wirft sich das Produktmarketing der Hersteller kräftig ins Zeug. Eisberge, silbern glänzende Kraftpakete, glasklare wilde Flüsse und die, sonst so stigmatisierten, Grizzlybären sind das Sinnbild für „Premiumfood der Extraklasse“. Sorgenfrei, weil größten Teils unter MSC – zertifizierten Richtlinien gefangen und produziert. So suggeriert es uns zumindest die moderne Produktwerbung. Ganz so ökologisch unbedenklich ist leider auch der Wildlachs nicht. Schaut man genauer auf die Etiketten der gefrorenen Filets, wird schnell klar, dass es sich zumeist um Wildfänge aus dem nördlichen Pazifik handelt. Das ist auf der anderen Seite der Erde. Dort gibt es keine atlantischen Lachse. Aber eben die pazifischen Arten und auch diese Fische stehen durch Überfischung und moderne Fischmast gehörig unter Druck.

die pazifischen Lachse von Oben nach Unten: Pink , Sockeye, Chum, Coho und Chinook [8] (der japanische Lachs fehlt)

Pazifische Lachse gehören ebenfalls zur Familie der Lachsfische, werden aber in eine andere Gattung (Oncorhynchus = Hakennase) eingeordnet und grob gesagt unterscheiden wir hier zwischen reinen Süßwasserfischen und, wie auch in Europa, Wanderfischen, die ebenfalls im Süßwasser geboren werden, dort aufwachsen, ins Meer ziehen, wachsen und zur Fortpflanzung zurück in ihre Geburtsgewässer wandern. Großer Unterschied zum atlantischen Lachs: nach der erfolgten Fortpflanzung sterben diese Lachsarten. Das, wiederum, ist elementar für den ganzen Lebensraum der pazifischen Lachse.

Die Fische investieren ihre gesamte Kraft in Ihre Nachkommen und in „ihr“ Ökosystem. Nicht nur die Lachsbrütlinge profitieren von diesem elterlichen Nährstoffeintrag in die Gewässer, sondern mehr als 137 Tierarten, wie zum Beispiel: Möven, Enten, Adler, Otter, Salamander, Pelikane, Kondore, Seelöwen, Robben, Delfine, Eulen, Schlangen, Reiher, Mäuse, Füchse, Wiesel, Berglöwen, Pottwale, Buckelwale, Wölfe und Bären, ungeachtet der Pflanzen, um nur Einige zu nennen. Stellen Sie sich vor, auch hier würde dieser Kreislauf des Lebens zusammen brechen…

Es ist Zeit, dass wir Menschen uns derart nachhaltiges Verhalten zum Vorbild nehmen !

Die Bestandssituation für Buckel,- Silber,- Rot,- Keta-, und Königslachs werden vom WWF als „größten Teils gut“ angegeben. Eine sehr kritisch zu betrachtende Einstufung, im Bezug auf die Warnungen der First Nation People, auf die Arterhaltungsprojekte von Umweltschutzorganisationen und im Hinblick auf die Einträge in der IUCN – Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten. Hier tauchen der Ketalachs (chum salmon), der Königslachs (chinook salmon), der Silberlachs (choho salmon) und der Buckellachs (pink salmon) mit „not evaluated – nicht bewertet/nicht ausgewertet/nicht beurteilt“ auf, einzige Ausnahme der Rotlachs (sockeye salmon). Er wird mit „least concern – nicht gefährdet (wortwörtlich: am wenigsten Sorge)“ gewertet. Die Frage nach dem „Warum diese Daten fehlen“ bleibt unbeantwortet.

Desweiteren ist anzumerken, dass die vom MSC, Marine Stewardship Council, eine weltweit tätige Non-Profit-Organisation, der Umwelt- und Verbraucherverbände, Wissenschaftler und Fischereiwirtschaft angehören, bewertete Bestandssituation auch im WWF-Fischratgeber, zweigeteilt wird. Für die Fanggebiete FAO67 (Ostpazifik; Alaska, Kanada & USA) wird die Situation vom WWF, wie folgt, beurteilt: „Das US-amerikanische Management in Alaska (Nordostpazifik) ist umfassend und wirkungsvoll, das kanadische Management im Nordostpazifik ist mit Abstrichen effektiv. Im Nordwestpazifik hingegen befinden sich die russischen Bestände des Keta-, Buckel- und Rotlachses in einem schlechten Zustand, es fehlen jedoch Daten zum Silber- und Königslachs.“ MSC wird nicht nur von Greenpeace aufgrund einer hohen Toleranzgrenze der MSC – Mindestanforderungen kritisiert. Halbwegs unabhängige russische und japanische Quellen können, aufgrund der Sprachbarriere, leider nicht befragt werden.

Einteilung der FAO Fanggebiete [9]

Die pazifischen Lachsarten und deren Bestände werden also von Regierungsorganisationen (und zum Glück von Umweltschutzverbänden) beobachtet, sind aber größtenteils nicht von der Roten Liste untersucht und bewertet, unterliegen keinem besonderen Artenschutz von offizieller staatlicher Seite und werden durch die Fischereiwirtschaft und deren übergeordneten Organisationen nach wirtschaftlichen und politischen Interessen beurteilt, aufgeteilt und letztlich befischt. Bedenkliche Zustände. Sollte dieses importierte Lachsfilet wirklich in unseren Pfannen und Tellern landen?

Einzig dem hohen Einsatz und dem Engagement globaler und regionaler UmweltschützerInnen, der First Nation People und bewusster Menschen vor Ort ist es zu verdanken, dass sich die Situation der pazifischen Lachse und ihres Lebensraumes (zumindest an den nordamerikanischen Küsten) noch nicht so katastrophal präsentiert, wie die Ihres europäischen Verwandten bei Uns. Japanische und russische Bedingungen bleiben leider weiterhin außen vor.

First Nation People – „Wildlachs ist Leben“ [10]

Fangquoten und die damit einhergehenden Regeln zum Fischfang werden in den landeseigenen Hohheitsgewässern vom jeweiligen Land festgelegt. Diese Gewässer enden 200 Seemeilen vor der Küste, in internationelen Gewässern. In welchem Gebiet, welcher Fisch mit welchen Methoden bejagt werden darf, regelt in Europa der Ministerrat zusammen mit Norwegen im Rahmen der GFP (Gemeinsame Fischereipolitik). Dieser legt den TAC (Total allowable catch) – die zum Fang freigegebene Höchstmenge pro Fischart – fest. Diese Festlegungen stützen sich auf wissenschaftliche Empfehlungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (International Council for the Exploration of the Sea), ICES, in Kopenhagen. Diese wissenschaftlichen Daten sind jedoch lediglich die Ausgangswerte der Überlegungen. Die festgelegte Höhe der Fangquoten ist zu großen Teilen politisch motiviert. Soweit zum Vorgehen in Europa.

Die Fangquoten und Reglements, speziell für unsere erwähnten Lachsarten, regelt die North Pacific Anadromous Fish Commission (NPAFC) unter dem Dach der FAO – Food and Agriculture Organization of the United Nations, deren Reglement seit 1993 in Kraft ist. Mitgliedsstaaten: USA, Kanada, Japan und Russland. Auch hier werden Fangquoten und Methoden zwischenstaatlich vorgegeben, politisch aufgeteilt und kontrolliert.

Eine, durch die MSC und den WWF Fischratgeber, pauschale und zweideutige Beurteilung der Bestandssituation, hervorgerufen durch den Befischungsdruck der berechtigten und unberechtigten Fischereiunternehmen der Anrainerstaaten, nach dem Motto „Im Westen gut – im Osten schlecht“, ist im Hinblick auf den Wert dieser Information für uns als Verbraucher auf der anderen Seite der Erde, nicht nur fraglich sondern sicherlich sehr irreführend. Fangquoten werden in der Regel weltweit ausgeschöpft, gelten doch diese Quoten als maximal verträgliche Entnahmemenge für die jeweilige Fischart. Das bei dieser Betrachtung die Fänge durch Piraterie und Schwarzfischerei noch nicht enthalten sind, sollte bedacht werden. Denn addieren wir diese Mengen, sind die offiziellen globalen Berechnungen und Vorgaben ohnehin hinfällig. Zauberwort „Dunkelziffer“. Das weltweit rund 800 Millionen Menschen von der Fischerei indirekt oder direkt abhängig sind, trägt zusätzlich großes soziales Konfliktpotential aber auch eine gigantische Chance, im Hinblick auf die Zukunft, mit sich. Eine recht verzwickte Verkettung von Mechanismen die hier zusammen spielen und nicht nur direkten Einfluss auf die Lebensbedingungen der Fische haben, sondern auch auf unser Kaufverhalten. Welches wiederum ebenfalls direkte Auswirkung auf die Lebensbedingungen der Fische hat. Aufklärung ist dringend nötig.

Betrachten wir die Methoden der Hochseefischerei, ist festzustellen, dass gerade hier die Spezies Mensch in den letzten Jahrzehnten so verantwortungslos vorgegangen ist, dass mittlerweile über 60% der globalen Bestände überfischt sind. Genaue Zahlen fehlen – Zufall?

Es ist Zeit für eine kritische Betrachtung der globalen Hochseefischereiwirtschaft! Moderne Fangmethoden wie zum Beispiel der Einsatz von Hebenetzen, so genannten Ringwaden (Umschließungsnetze) ist durch die Anpassung der Maschenweiten, eingebauter Fluchtöffnungen und der modernen elektronischen Echoortung sicherlich zu den schonendsten Verfahren zu zählen und wird in der (bewussten) nordamerikanischen Lachsfischerei oft und gern verwendet. Gerade in den nordwestlichen pazifischen Küstenregionen der First Nation, gibt viele kleinere Fischereiunternehmungen, Familienfirmen und Privatleute, die „ihre“ Lachsbestände hegen, pflegen und verehren. Diese Menschen wissen um die elementare Wichtigkeit dieser Tiere für das Meer, für den Wald und damit für uns Alle. Diese Bestände bilden Ihre Lebensgrundlage! Fangquoten werden öffentlich diskutiert und gegebenenfalls, lokal verringert um auf die örtlichen Gegebenheiten besser reagieren zu können. Dies sind die Vorbilder, die Uns zeigen, dass Artenschutz und einhergehende sensible Nutzung, möglich ist.

Wie nachhaltiger Umweltschutz im Sinne aller Beteiligten aussehen kann, zeigt seit über 20 Jahren die „Save Our Wild Salmon Coalition“, ein Zusammenschluss zwischen Umweltschutzorganisationen und kommerziellen Fischerei-, sowie Sportfischereiverbänden, Wirtschafts-, und Wasserverbänden. Projekte wie „Schützt die Orcas durch Wiederansiedelung der Lachse“ verdeutlichen den Vorbildcharakter und erinnern uns an unsere eigene Verantwortung.

Kehren wir noch ein mal zu den Fangmethoden zurück. Die erwähnte Ringwadenfischerei ist im Vergleich zur Schleppnetz- und Grundschleppnetzfischerei, sehr schonend für den Gewässerboden. Ziehen wir die Langleinenfischerei und Stell- sowie Treibnetzfischerei dazu, ist diese Methode sehr selektiv und schonend, da die weltweite durchschnittliche Beifangquote mit (laut FAO) 5%, deutlich unter der weltweiten Durchschnittsbeifangquote von 8% liegt.

Alle aufgezählten Fischereimethoden sind Gegenstand weltweiter Kritik, vor allem von Seashepherd, Greenpeace und vieler weiterer Organisationen.

Wenn immer noch unbedingt Lachs auf dem Speiseplan stehen soll, sind wir als Verbraucher, im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wildlachsfilets, unbedingt verpflichtet, darauf zu achten, dass dieser nach Möglichkeit eben mit Ringwaden/Hebenetzen gefangen wurde und nicht, wie auf folgendem Bild aus einem örtlichen Supermarkt zu sehen ist, mit Hilfe der Langleinenfischerei angelandet werden konnte. Tragischer und verwirrender Weise wird dieses Produkt als nachhaltig deklariert, was allein durch den Einsatz der Langleine auf keinen Fall gerechtfertigt ist. Was bedeutet das für unser Mitagessen?

Buckellachs aus Alaska – mit Langleine gefangen und als Nachhaltig deklariert

Stellen Sie sich vor, die Jäger in Ihrer Heimat würden eine bis maximal 130 Kilometer lange Kunststoffleine mit circa 20.000 Haken, beködert mit Fisch- oder Fleischresten, in Ihren örtlichen Wäldern, für mehrere Tage – wenn nicht wochenlang – auslegen, mit dem Ziel nur Füchse zu fangen. Würden wirklich nur Füchse gefangen werden? Stellen sie sich dieses Massaker vor! Auf den Weltmeeren trauriger Alltag.

Langleinenfischerei zählt neben Schlepp- & Grundschleppnetzen, sowie Treibnetzen zu den Methoden, die mit Abstand die höchsten Beifangquoten erzielen. Lassen wir die, durch Schleppnetze, zerstörten Korallenriffe und den umgepflügten Meeresgrund einmal außer Acht, so werden weltweit jährlich etwa 30 Millionen Tonnen Fisch als unerwünschter Beifang auf die Decks der Kutter und Trawler gehievt. Rochen, Haie, Delfine, Wale, Schildkröten, Jungfische und, bei der Langleinenfischerei, vor Allem Seevögel wie einige vom Aussterben bedrohte Albatrosarten und Fregattvögel. Laut Schätzungen von Birdlife International, muss auf 2.500 Haken ein toter Albatros gerechnet werden. Da weltweit, jährlich etwa 21 Millionen Haken ausgebracht werden sind besonders Seevögel stark bedroht. Dunkelziffern unbekannt. Schätzungen zu Folge sterben so jedes Jahr etwa 300.000 Vögel – davon rund 100.000 Albatrosse. Wieso das oben abgebildete Filet, bei diesem Hintergrund, ein Gütesiegel erhält, ist rätselhaft und sehr bedenklich. Bitte versuchen Sie, auch wenn es nicht leicht ist, derartige Details bei Ihrem nächsten Einkauf zu beachten. Fühlen Sie, studieren sie die Etiketten. So viele tierische Produkte erfordern unsere sensible Betrachtung. Fischereiprodukte ganz besonders!

ertrunkener Albatross an einer Langleine [11]

Das Schicksal des atlantischen Lachses hängt nunmehr an einem seidenen Faden. Seine Wildbestände sind existenziell gefährdet, drohen durch fortschreitende Umweltzerstörung und menschliche Unvernunft zu kollabieren und dennoch werden täglich, tausende Tiere geschlachtet, um menschliche Luxusbedürfnisse zu befriedigen. Die zur Schonung der Wildfische gefangen gehaltenen Zuchtfische sind zumeist krank, siechen unter dem Deckmantel der romantisch verklärenden Produktwerbung dahin und gefährden, aufgrund teilweise katastrophaler, umweltschädlicher Produktionsbedingungen, nicht nur die wilden Fische und uns Menschen sondern auch das globale Ökosystem und damit unsere Zukunft. Ökologische und konventionelle Produktionsrichtlinien unterscheiden sich noch immer nicht grundlegend genug voneinander. Die Grenzen verschwimmen und mit ihnen die Nachhaltigkeit von Bio-Produkten und ihren selbst kreierten Gütesiegeln. Wir alle sitzen in diesem einen Boot. Wir, als VerbraucherInnen, sind gefordert!

Betrachten wir den ökologischen Zustand unserer Erde im 21. Jahrhundert, so ist das sprichwörtliche Glas nicht halb Voll, sondern schon mehr als halb leer! Zeit zum Neudenken! Sonst fällt das 22. Jahrhundert aus!

Viele von Uns warten, seit Jahrzehnten, auf die so dringend benötigte und richtungsweisende Umsetzung neuer, globaler umweltpolitischer Ziele auf nationaler und internationaler Ebene. Das Problem der Überfischung der Weltmeere ist nicht neu, die massive Gefährdung unserer Weltmeere, nicht erst seit dem Untergang der Exxon Valdez 1989 in Alaska und dem BP Oil Spill 2010 im Golf von Mexiko, öffentlich bekannt. Das Alles ist nicht neu. Offizieller Umweltschutz muss sich, vor allem auf politischer und wirtschaftlicher Ebene grundlegend verändern und verbessern. Leider ist immer noch nicht viel passiert. Nachhaltigen und revolutionären Umweltschutz von nationaler und internationaler Wirtschaftspolitik zu erwarten, ist eine Illusion. Atomstrom, Kohleausstieg, Klimaschutz… Sollte sich nicht vor 20 Jahren schon etwas ändern?

Wir als Menschen, als Bürgerinnen und Bürger und als VerbraucherInnen, wir m/w/d müssen handeln! Zusammen, umsichtig, nachhaltig – ohne Grenzen in unseren Köpfen.

Sie entscheiden mit Ihrem Einkaufszettel! Wollen wir in Zukunft, regional und grün produzierte Lebensmittel kaufen oder wollen wir weiterhin die, auf Lohndumping und Ausbeutung basierende profitorientierte Discountpolitik unterstützen? Kaufen wir regional und umweltorientiert, sind wir auf dem richtigen Weg.

Ändern wir unser Konsumverhalten, verändern wir die derzeitigen Strukturen. Darin liegt Brisanz und liegt in unseren Händen, in welche Richtung die Reise geht. Märkte regulieren sich durch Angebot und Nachfrage. Bewusstsein schafft Veränderung und Verankerung.

Wir benötigen positive Veränderungen. Schluss mit Regulierung und rücksichtsloser Nutzung unseres Wassers! Unsere Ozeane, Meere, Seen, Flüsse und Bäche sollten mit mehr Respekt, mit mehr Achtung und mehr Liebe behandelt werden. Unsere Gewässersysteme verlangen dringend nach unserer Unterstützung. Ihr Zustand erfordert Aufklärung! Viele unserer Flüsse benötigen eine heilende Renaturierung und Reinigung, sie benötigen mehr aquatische Insekten, mehr Weichtiere und Wirbellose, mehr Krebse und mehr Fische – mehr Raum und mehr wildes Leben. Wasser ist unser Ursprung – keine Ware.

Atlantischer Lachs sollte, unter diesen Umständen,nicht mehr zum Essen serviert werden. Wenn überhaupt, dann sehr bewusst ausgewählt. Bewerten Sie bitte bei Ihrem nächsten Einkauf, den Fisch in der Auslage oder das Filet aus der Gefriertruhe nach Ihrem Gefühl. Denken Sie an seine Lebensbedingungen, fragen Sie nach seiner Herkunft. Fühlen Sie, ob es richtig ist diesen Fisch zu essen!

Mögen die einheimischen Wanderfischprojekte erfolgreich und zugleich Vorbild für noch mehr Nachhaltigkeit und kollektives Engagement sein, um den Lebensraum Wasser, nicht nur für atlantische Lachse, Meerforellen und Störe zurück zu gewinnen, sondern auch für Uns und unsere Kinder zu erhalten! Mögen sich die so dringend benötigten positiven Veränderungen so schnell wie möglich einstellen.

Guten Appetit.

Was das Blut für den Menschen, ist das Wasser für die Erde.

Hermann Lahm

Weiterführende Links zum Thema Gewässerschutz und Wiederansiedelung des atlantischen Lachs und der Meerforelle in deutschen Flüssen:

Wanderfische ohne Grenzen / NASF Deutschland – Lachsprojekt.deARGE-Ahr e.V.IGLahnFario e.V.Der atlantische Lachs e.V.AOLG e.V. – Fischereiverein Einbeck e.V.Leine Lachs e.V.Salmoniden- und Gewässerschutz Mecklenburg Vorpommern e.V.North Atlantic Salmon Fundwildsalmon.orgsalmonnation.orgReddvillaksenAtlantic Salmon TrustConservation Fund

Quellen:

Fishbase.org – iUCnredlist.org – fishforward.eu – wikipedia.de – faz.de(Tirza Meyer) – fischratgeber.wwf.at – WWF.de – oeko-fair.de – worldoceanreview.com – greenpeace.de – Birdlife.org – istdasvegan.eu – mnf.no – youtube.com – FFH-Gebiete.de – Deutschesee.de – FiBL.org – miljostatus.no / environment.no – vetinst.no – seashepherd.org

Bild[1]: petworlds.net
Grafik[2]: Wikipedia
Bild[3]: Bild und Werbeslogan: Deutschesee.de
Bild[4]: vetinst.no – norwegisches Veterinätamt
Grafik[5]: miljostatus.no / environmet.no – Norvegian Environment Agency
Bild[6]: Reddvillaks.no
Bild[7]: wanderfische.eu
Bild[8]: reed.edu
Bild[9]: Biokontakte.com
Bild[10]: seashepherd.org
Bild[11]: deutschlandfunkKultur.de

Zitat[I] von ffh-gebiete.de/Arten-Steckbriefe
Zitat[II] von: Deutschesee.de
Zitat[III]: Wikipedia Eintrag zur Aquakukltur; FiBL.org
Zitat[IV]: istdasvegan.eu / mnf.no / youtube.com
Zitat Hermann Lahm aus Lahm, Aufzug zum Himmel Kilian-Verlag 2003
Text und Bilder: © Alexander Kirchner
Titelbild: wanderfische.eu