Ist 5G die neue überall vorhandene Mikrowelle?

von Marius Jünemann

Wir Menschen setzen uns täglich verschiedenen elektromagnetischen Feldern aus – allesamt im Element Luft vorhanden aber völlig unsichtbar. Natürlicherweise werden wir beispielsweise von der Sonne mit Wärme, Licht und UV bestrahlt. Weitere natürliche (diffuse) Strahlung kann auch von der Erde oder den Erd-Magnetpolen ausgehen. Mit der Entwicklung der Technik haben wir zunehmend elektromagnetische Strahlung nutzbar gemacht, zuerst die langwelligeren Frequenzen für Radio und Fernsehen, inzwischen weitere, kurzwelligere (Mikrowellen) für WLAN, Mobilfunk und ähnliche Anwendungen.

Aktuell wird in Deutschland die Nutzung einer noch höheren, dass heißt kurzwelligeren, Frequenz im Mobilfunk versteigert, um dadurch eine schnellere Datenübertragung im mobilen Internet anbieten zu können. Die Auswirkungen von z.B. UV-Strahlung auf unsere Gesundheit sind uns inzwischen bekannt. Doch hat auch die stetige Zunahme der hochfrequenten Strahlung Einfluss auf unsere Gesundheit?

Treffen elektromagnetische Strahlen auf unseren Körper, wird die Strahlungsenergie von den Zellen absorbiert. Bei der so genannten nichtionisierenden Strahlung handelt es sich um elektromagnetische Wellen, deren Energie nicht ausreicht, um andere Atome zu ionisieren. Das bedeutet, dass die Strahlung nicht ausreicht, um Elektronen von Atomen zu entfernen. Kurz gesagt, die Strahlung beeinflusst nicht die Zusammensetzung von Molekülen und Atomen. Sie kann also nicht die DNA aufbrechen und unsere Chromosomen verändern, wie z.B. Röntgenstrahlung. Doch unserer Körper reagiert trotzdem auf diese Strahlung. Laut Bundesamt für Strahlenschutz ist vor Allem der thermische Effekt entscheidend, denn wenn die Strahlung auf einen Körper trifft, kann es zu einer Temperaturerhöhung im Körper kommen. Damit die Strahlung für uns nicht gefährlich wird, hat das Bundesamt den Grenzwert auf 1° Grad (Celsius) gesetzt. Die Körpertemperatur darf sich nicht mehr als 1° Grad durch die Strahlung, der er ausgesetzt ist, erhöhen. Temperaturerhöhungen unter 1° Grad sind demnach laut Bundesamt für Strahlenschutz nicht gesundheitsgefährdend. Für die Produzenten von Handys und Smartphones ist dieser Grenzwert kein Problem. Beim Telefonieren werden momentan nur begrenzte Teile des Körpers um etwas 0,2° Grad erwärmt.

Vielleicht haben Sie sich ja auch schon mal die Ohren warm telefoniert?

Diesen Grenzwert gibt es bereits seit 20 Jahren und er ist vom Verein ICNIRP (International Commission on non-ionizing radiation protection / Internationale Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung) empfohlen worden. Das Bundesamt für Strahlenschutz und ICNIRP arbeiten eng zusammen. Für die gute Zusammenarbeit und als technische Unterstützung stellt das Bundesamt dem Verein mietfrei Räume in ihrem eigenen Haus zur Verfügung. Außerdem wird die Arbeit des ICNIRP jährlich mit 100.000 Euro vom Bundesamt für Strahlenschutz unterstützt. Weite Unterstützung für die Durchführung von Studien kommt dem Verein von Industrieunternehmen zu.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vor 8 Jahren die elektromagnetische Frequenz, die für Mobilfunk nutzbar gemacht wird, als “möglicherweise krebserregend” eingestuft, obwohl die Grenzwerte nicht überschritten werden. Diese Entscheidung beruht auf den Ergebnissen zahlreicher Studien. In Experimenten mit Ratten und Mäusen, die einer solchen Strahlung ausgesetzt wurden, konnten bei den Tieren in verschiedenen Organen Krebstumore gefunden werden, ohne messbaren Anstieg der Körpertemperatur. Befragungen von Krebspatienten zu ihrem Telefonverhalten lassen den Schluss zu, dass diese elektromagnetischen Strahlungen einen gesundheitlichen Einfluss auf den Menschen haben können. Vor diesem Hintergrund fordern einige Wissenschaftler eine weitere Hochstufung von “möglicherweise krebserregend” auf “wahrscheinlich krebserregend”. Der Verein ICNIRP hält jedoch weiter an dem Kriterium des thermischen Effekts fest und fordert die Durchführung weiterer Studien, bevor ein gesundheitlich bedenklicher Einfluss auf den Menschen als bewiesen anzusehen sei.

Auf politischer Ebene wird bisher durch die Bundesregierung, die EU und große Teile der UNO der thermische Grenzwert als ausreichendes Kriterium beibehalten und die Anerkennung gesundheitlicher Auswirkungen abgelehnt.

Abbildung: Warnzeichen nach DIN ISO 7010 vor ionisierenden Strahlen

Die WHO hat zur weiteren Untersuchung eine Kerngruppe beauftragt, die gesundheitlichen Auswirkungen elektromagnetischer Felder zu bewerten. Die Wissenschaftler dieser Kerngruppe überprüfen dazu einen Großteil der weltweiten Studien auf Zusammenhänge zwischen Strahlung von Mobiltelefonen, Basisstationen usw. und Gesundheitsschäden wie Krebs, Unfruchtbarkeit, etc. Diese Kerngruppe besteht aus 6 Wissenschaftlern, von den 4 Mitglieder im Verein ICNIRP sind. Auf EU-Ebene wurde ein wissenschaftlicher Ausschuss zu neuen Gesundheitskriterien eingesetzt, in dem ebenfalls 4 von 12 Personen Mitglieder beim ICNIRP sind.

Als jahrelange Nutzer von Handys und Smartphones sollten wir uns also bewusst werden, dass diese elektromagnetische Mikrowellen-Bestrahlung durchaus Auswirkungen auf unseren Körper und auf unsere Gesundheit haben kann. Krebs, Unfruchtbarkeit, niedrigere Lebenserwartung, Gewichtsverlust und Verhaltensänderungen sind möglich Folgen von Mikrowellen, wie sie vom Mobilfunk eingesetzt werden.

Jetzt soll flächendeckend das neue 5G-Netz aufgebaut werden. Ein noch höherer Frequenzbereich soll eine noch schnellere Datenübertragung ermöglichen. Doch was macht der noch höhere Frequenzbereich mit uns Menschen, den Tieren und der Umwelt?

Funkmast im Bundesland Brandenburg
Funkmast im Bundesland Brandenburg

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben im EU-Vertrag unterschrieben, dass sie zu Erhaltung und zum Schutz der Umwelt sowie zur Verbesserung ihrer Qualität beitragen und die Umweltpolitik auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung beruht. Mit dieser Vorsorgen sollen unter anderem Menschen in Europa vor Produkten geschützt werden, deren Unbedenklichkeit noch nicht erwiesen ist. Da in Deutschland der derzeit, als ausreichend, anerkannte Grenzwert für die elektromagnetischen Strahlen im Mobilfunk von 1°C Anstieg der Körpertemperatur bisher nicht voll ausgenutzt wird, sieht das Bundesamt für Strahlenschutz keine Bedenken, dass Mobilfunknetz weiter auszubauen. Der 5G- Netzausbau soll in Schritten erfolgen und mit den Frequenzen bis 3,7 Gigahertz anfangen. Ein Ausbau bis 20 Gigahertz ist möglich. Zum Vergleich: Mikrowellenherde, die zum schnellen Auftauen und Aufwärmen bzw. Erhitzen von Speisen eingesetzt werden, verwenden oft den Frequenzbereich um 2,4 Gigahertz. Da aufgrund der rasanten technischen Entwicklung die Langzeitfolgen von elektromagnetischer Strahlung noch völlig unklar sind, sollen auch in diesem Bereich Studien Klarheit schaffen.

Nicole Meßmer, Sprecherin des Bundesamts für Strahlenschutz, sagt daher:

“Das ist der Grund, warum wir immer sagen: Nutzt das Handy umsichtig, telefoniert nicht bei schlechtem Empfang, nutzt das Head-Set und eben nicht stundenlanges Telefonieren am Ohr, weil man eben über diese Langfristfolgen tatsächlich noch nichts sagen kann.” *

Ob und was für Auswirkungen die elektromagnetische Strahlung neben einer Temperaturerhöhung sonst noch auf die Umwelt hat, ist auch völlig unklar. Nicht nur wir Menschen sind dieser stetig steigenden Strahlenemission ausgesetzt, auch Tiere und Pflanzen. Wie ergeht es den Zugvögeln und Wanderschmetterlingen, die sich mit Hilfe der (natürlichen) elektromagnetischen Felder orientieren? Können wir eine Technik mit ungeklärten Auswirkungen verantworten? Handeln wir damit nachhaltig im Blick auf die nächsten Generationen? Warum hat ein einziger Verein so großen Einfluss auf die Politik? Und wie hoch ist das Krebsrisiko wirklich?

Fragen über Fragen die sich bei dem Thema Mobilfunk und elektromagnetische Strahlung auftun. Wichtig ist, dass wir uns bewusst werden, welche Umwelt wir uns geschaffen haben und das wir beginnen, mit Nachbarn, Fachleuten, Politikern usw. darüber zu diskutieren und uns auszutauschen.

Viel Vergnügen bei Ihrem nächsten Telefonat!

Quellen:

Text: Aus “gemeinsam unterwegs” 3.Ausgabe,
Herausgeber: ANU Brandenburg e.V. Lindenstr. 34, 14467 Potsdam
Naturkosmos e.V. Buckower str. 12, 15374 Müncheberg
Autor: Marius Jünemann, www.grafikdesign-und-foto.de
* Quelle Zitat: Deutschlandfunk
Grafik: Wikipedia
Fotos: Alexander Kirchner