Welche Fische sind denn das? Lautet eine oft gestellte Frage auf der Schlossbrücke im Zentrum Buckow’s in der Märkischen Schweiz. Forellen!? Nein, es handelt sich um einen Vertreter der Cypriniden, der Karpfenartigen. Sein Name: Döbel. Im südlichen deutschsprachigen Raum auch als Eitel oder Aitel bekannt. Um noch etwas genauer zu sein: Leusiscus cephalus, sein lateinischer Name.

Heimlicher Star der Kinder, Kurgäste und vieler Einwohner, bringt er doch Freude und Heilung für unser gestresstes Gemüt. Ohne Frage eine Bereicherung, nicht nur für den Bach Stobber selbst, sondern auch für unseren verträumten Ort. Welch eine Schönheit, können wir doch im klaren Wasser, unserer flüssigen Sehenswürdigkeit, viele gesunde, kleine und große Fischlein, beobachten, wie sie sich fröhlich tummeln.

Seit jeher haben Wasser und speziell Fische, ihren Platz in der kollektiven, kulturellen Erinnerung der Menschen. So zum Beispiel der Goldfisch im Glas; bittet er uns doch in die eigenen Tiefen abzutauchen, denn dort warten bekanntlich die größten Schätze auf uns. Große Fischschwärme bedeuten Reichtum, Überfluss, Wohlstand und Geborgenheit. Botschaften, auf die wir später noch etwas genauer eingehen werden. Jetzt aber zurück zur Frage; mit wem genau, haben wir es zu tun?

Groß und Klein

Der Döbel, ein sehr geselliger Fisch. Scheu und vorsichtig im Alter, verspielt, waghalsig und recht unbekümmert als Jungfisch. Ein Wanderfisch und im adulten Stadium ein räuberischer Zeitgenosse. Döbel sind europaweit anzutreffen, ihr Verbreitungsgebiet reicht von der iberischen Halbinsel bis zum nördlichen Ural bzw. bis hinunter in das Schwemmland des Euphrat. Nur in Irland und Skandinavien fehlt er.

Sein Kopf ist kurz, rund und recht massiv, was Ihm den Spitznamen “Dickkopf” eingebracht hat. Zähne hat er keine, dafür dicke wulstige Lippen. Der Rücken ist braun-grün, manchmal auch leicht bläulich. Die Flanken glitzern besonders bei älteren Exemplaren wie Altgold, die der kleineren Fische schimmern eher silbrig-grau. Der Bauch ist weiß oder gelblich-weiß. Für gewöhnlich wird der Döbel Längen zwischen 20 und 40cm erreichen, einzelne Exemplare schaffen aber auch bis zu über 70cm, bei einem Gewicht von 4 bis 6kg. Hier ist sich die Fachliteratur nicht einig. Der inoffizielle Weltrekord – Döbel wurde vor Jahren im ungarischen Teil der Donau gefangen und wog 6,25kg. Hier im Stöbber wird mit Sicherheit auch kein neuer Weltrekordfisch schwimmen, im Normalfall rangieren die Döbel der Märkischen Schweiz alle in der Größenordnung “fingerlang” bis ca. 30cm. Von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Der Döbel – Leusiscus cephalus, Vertreter der Karpfenartigen *

Er hat eine Vorliebe für strömungs- & sauerstoffreiches Wasser. Sein oberständiges Maul kennzeichnet Ihn als Oberflächenfisch. Er kommt “fast” überall vor, meidet aber das Brackwasser, benötigt jedoch immer den Zugang zu einem Fliessgewässersystem. Ortskundige Leser und Leserinnen bemerken sofort, der Döbel gehört einfach nach Buckow, so wie die Stadt zur Märkischen Schweiz. Suchen Sie Ihn, wenn Sie am Ufer des Stöbbers oder auf einer der Brücken stehen, Sie werden überrascht sein, wo Sie Ihn überall finden. Nur zwischen Dezember/Januar und Ende März hat die Suche wenig Sinn, da lebt er zurück gezogen in den dunklen Tiefen der, vom Stobber durchflossenen, Seen.

Beliebte Einstände sind Brückenbögen, Einmündungen und Abflüsse kleinerer Gewässer, versunkene Bäume und Wurzeln. Er liebt es sich zu verstecken, um aus diesen Verstecken heraus, gerade im Sommer, ins Wasser gestürzte Insekten zu ergattern.

Wehe dem ein Käfer, ein Heupferd oder eine Wespe landet irrtümlich im Wasser. Platsch! Döbel sind scheu und sehr vorsichtig, wenn aber einmal in Fresslaune, dann gerne auch gierig und gefräßig. Wer weiß, wann sich so eine Gelegenheit wieder bietet!? Der nächste Winter ist lang, kalt und nicht ungefährlich. Frost, Raubfische und Kormorane fordern ihren Tribut. Hat der Döbel Erwachsenenalter erreicht, frisst er mit Vorliebe kleine Fische, Nymphen und Larven von, im Wasser lebenden, Insekten und gelegentlich auch Fischlaich.

in Bewegung

Döbelhochzeit findet alljährlich, je nach Witterungsbedingungen, zwischen April und Juni statt. Teilweise direkt im Stadtgebiet. Die Weibchen legen über kiesigem Untergrund 50 000 bis 100 000 Eier ab. Geschlechtsreif sind die Nachkommen dann mit etwa 4 Jahren und die Männchen bekommen einen sogenannten Laichausschlag – kleine weiße Pickelchen – auf dem Kopf, wenn sich die Fische zur Vermählung treffen. Vielleicht können Sie, nächstes Jahr, mit etwas Glück dieses Spektakel beobachten!

Schön, wie in den letzten Jahren der Bestand, vor allem im Stadtgebiet Buckows, zugenommen hat. Dies begründet sich sicherlich durch, die gerade im Stadtinneren zahlreichen Kiesbetten mit schnell fließendem Wasser und die ab Anfang der 1990iger Jahre gebauten Fischtreppen, die es allen Tieren erlauben, den Stobber wieder komplett zu ergründen und entsprechende Nischen zu besetzen. Die Alterspyramide kann sich somit viel weiträumiger verteilen – günstige Umstände, auch weil der Stöbber auf seinem ganzen Lauf nicht befahren und nicht befischt werden darf, ist er doch teilweise als Naturschutzgebiet “Stobbertal” ausgewiesen. Welch ein Glück für diesen Bach! Außerdem können wir davon ausgehen, dass die Wasserqualität seit der Wiedervereinigung doch erheblich besser geworden ist und so Alles in Allem, zur Zeit, recht gute Lebensbedingungen für Dickköpfe in Buckow herrschen.

Das neugierige Auge sieht Sie in Trupps ziehen. Große Kleine und recht selten, Kleine Große. Eine der echten tierischen Attraktionen, neben Biber und Fischotter, der Buckower Wasserwelt! Und für Döbel muss man eben nicht früh um 4 Uhr aufstehen und wie ein Indianer, mucksmäuschenstill, durch Mückenschwärme schleichen. Es reicht ein stiller Blick ins Wasser, vom Ufer oder von einer der Brücken im Ort…

Schauen Sie sich die Wasseroberfläche genau an, ruhigere tiefe Becken wechseln sich mit schnell fließenden, flacheren Passagen ab, Treibgut, kleine Strudel, Wirbel und Schaumkronen. Holz, Steine und Sand. Alles wird umströmt. Das Wasser – Der Bach zeigt uns, wie sanft und liebevoll sich das Leben entfalten kann, wenn Hingabe und innerer Frieden die Bahnen des Fließens lenken. Eine reichhaltige Lebensader, im Schatten unseres Tagesablaufes verborgen.

Über den Bach sich beugen,

tief das Haupt verneigen

vor dem reinen und klaren

in dem hellen und wahren

Wasser, das Vater und Mutter,

Schwester und Bruder,

Sein und Leben

und alles dir ist.

Carl Peter Fröhling, Germanist, Philosoph und Aphoristiker

Nebenbei bemerkt: Große Fische gibt es niemals genug. Nahrungsgrundlagen, wie zum Beispiel Stichlinge, große Köcherfliegen oder die so genannten Maifliegen, vermissen wir aber immer noch. Vereinzelt gibt es sie auch hier, als einen Bestandteil des Beutespektrums, bzw. der Nahrungskette, können diese Tiere allerdings nicht gezählt werden. Zu stark ist der Schatten der Gewässernutzung und Bewirtschaftung, den die vergangen Jahrhunderte werfen. Alltagsmüll, leere Flaschen, Kronkorken, allgegenwärtiges Plastik und Pestizide finden auch heute noch, viel zu oft, den Weg in dieses kleine romantische Flüsschen. Nicht zu schweigen von Motorradfelgen und anderem Schrott, der an einigen Stellen, als stiller Zeuge, von mangelndem menschlichen Respekt, gegenüber der Natur und seinen Bewohnern, mahnt. Ich hoffe in diesem Zusammenhang, dass es sich hierbei, auch zukünftig, nur um Ausnahmen handelt.

Blick von der Malzmühlenbrücke

Wie Eingangs bereits erwähnt, bedeuten viele! Fische in einem Bach, etwa so viel wie Wohlstand, Reichtum und Überfluss. Wasser steht für unsere Emotionen und in den indianischen Überlieferungen heißt es, wo Wasser fließt, ist heiliger Boden…

Flüsse sind unsere Brüder, sie löschen unseren Durst.

Chief Seattle

Der Stobber, sein Tal und die Märkische Schweiz bieten für uns Menschen genau das: Die Möglichkeit im Dunstkreis einer der größten Städte des nördlichen Mitteleuropas, die Möglichkeit zu haben, ausgeprägtes pflanzliches- & tierisches Leben als stiller Beobachter/Beobachterin zu genießen, um so einen gewichtigen Ausgleich zum hektischen Alltagsstress geschenkt zu bekommen bzw. nutzen zu können. Voraussetzung dafür ist Offenheit und der Wille die Natur als solche nicht nur zu respektieren und zu schützen, sondern Sie als elementares Fundament unserer Existenz zu begreifen. Die Natur hier ist für uns Alle ein Geschenk und nichts Selbstverständliches. Wir sind ein Teil von Ihr und für Ihren Schutz verantwortlich. Sind wir in und mit der Natur, fühlen und sind wir innerlich voll und komplett.

Hinter dem Mühlenrad

Buckow’s Döbel sind im übertragenen Sinne Wegweiser zu unserer Wertschätzung für Flora und Fauna. Persönliche sowie kollektive Beachtung und Freude für und über unsere schuppigen Einwohner und deren Lebensraum, fördern die Lebensqualität aller Beteiligten. Nicht nur unsere Eigene, sondern vor Allem die des Flüsschen Stobber, sowie Die seiner Bewohner, ganz im Sinne von Sebastian Kneipp und seiner Philosophie.

Und Sie, liebe Leser und Leserinnen, die sich fragen, was es nun mit Buckow’s Bücken auf sich hat, auch Brücken sind nicht nur in ihrer eigentlichen Funktion für den Menschen äußerst hilfreich, sie sind ebenfalls ein gewichtiger Wegweiser zu unserer Freude und unserer Begeisterung. Brücken verbinden, Brücken kann man auch hinter sich lassen…

Ich hoffe, diese kleine Exkursion in die kühlen und lebendigen Fluten des Stobberbachs haben Sie bereichert und vielleicht treffen wir uns demnächst einmal, beim Spaziergang, auf einer der Brücken Buckow’s und erfreuen uns gemeinsam am niemals endenden Strom des Lebens.

Wollen wir eine Brücke schlagen von Mensch zu Mensch – und dies gilt auch von einer Brücke des Erkennens und Verstehens -, so müssen die Brückenköpfe eben nicht die Köpfe, sondern die Herzen sein.

Viktor Frankl, Neurologe und Psychiater

Quellen:


– Fischkunde für Angler, Wolfgang Zeiske, Sportverlag Berlin, 1988
– Mini-guide de la Pêche, deutsche Ausgabe, Könemann Verlagsgesellschaft mbH, 2000
– Text und Bilder: © Alexander Kirchner
außer: *Bild aus: “Z naŝej prírody”, Príroda Bratislava 1982